Die Qual der Wahl nach dem Studium

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Junge Frau sitzt am Schreibtisch mit Laptop und Stift und Papier.

Alle Arbeiten abgegeben und alle Prüfungen abgeschlossen? Jetzt gleich in den Berufsalltag einsteigen oder doch ein weiteres Studium, vielleicht ein Master-Studium oder ein PhD? An einer Universität oder Fachhochschule? Berufsbegleitend Studieren oder ein duales Studium? Oder vielleicht gleich ein eigenes Unternehmen gründen und auf eigenen Füßen stehen? Viele Türen stehen Dir nach dem Studium offen. Bevor Du die eine oder andere öffnest, solltest Du Dir darüber im Klaren sein, welche Karriere Du anstrebst und was Du bereit bist, dafür in Kauf zu nehmen. Wie auch sonst im Leben gibt es bei dieser Entscheidung, welchen Weg Du einschlägst, Vor- und Nachteile, die gut abzuwägen sind.

AbsolventInnen, die den ersten berufsqualifizierenden Abschluss in der Tasche haben, stehen vor der Entscheidung, ob sie noch ein weiterführendes Studium beginnen oder doch lieber gleich ins Berufsleben einsteigen. Fakt ist: Wer noch ein Diplom- oder Magister-Studium abschließt, entscheidet sich in der Regel für den Berufseinstieg. Das Bachelor/Master-System hat allerdings viele verunsichert. Einige Bakk-AbsolventInnen fühlen sich noch nicht genügend qualifiziert und hoffen, durch eine Spezialisierung im Master-Studium ihre Job-chancen zu erhöhen. So entscheiden sich 85 Prozent der BewerberInnen spätestens zwei Jahre nach dem Bachelor für ein weiterführendes Master-Studium.

Gleich arbeiten oder Master dran hängen?

Dass ein Master-Studium schon alleine deshalb sinnvoll ist, um die analytischen und sozialen Kompetenzen auszubauen, steht außer Frage. Aber auch das höhere Gehalt – obwohl es für viele EinsteigerInnen keineswegs mehr die entscheidende Rolle spielt – darf nicht außer Acht gelassen werden. Fakt ist, dass Master-bzw. Magister-AbsolventInnen anfangs bis zu 350 Euro brutto mehr verdienen als Bachelor-AbsolventInnen. Zudem wird der Gehaltsunterschied im Laufe der Jahre sogar noch größer. Der Gehaltsvorsprung der Bachelor-AbsolventInnen aufgrund des früheren Berufseinstiegs ist also mittel- bis langfristig gesehen kein Argument gegen ein Master-Studium.

Job nach dem Studium

Wer sich schon reif fürs Berufsleben fühlt, sollte bereits einige Monate vor Studienabschluss nach passenden Jobangeboten Ausschau halten. Eine Garantie, gleich den richtigen Job zu finden, gibt es aber nicht. Allerdings erhöht man die Chancen, wenn man sich vorher überlegt, welche Positionen und Branchen einen interessieren. Dabei helfen Dir folgende Fragestellungen:

Check zur Berufswahl:

  • Was macht mir Spaß?»
  • Was kann ich gut?
  • Was mache ich in meiner Freizeit? Wie viel Zeit nehme ich mir dafür? Möchte ich auf diese Freizeitaktivitäten verzichten?
  • In welchen Fächern war ich gut? Welche Fächer liegen mir eher weniger?
  • Was sind meine Stärken und Schwächen?
  • Wofür engagiere ich mich?

Die ersten Tage im neuen Job

Du hast eine Zusage bekommen? Gratulation! Doch die Nervosität während des Bewerbungsgespräches setzt sich oftmals in den ersten Arbeitstagen fort. Schließlich herrschen noch viele  Unsicherheiten: Verstehe ich mich mit den KollegInnen? Passt der Tätigkeitsbereich zu mir? Erfülle ich die Erwartungen? Doch keine Sorge: Wenn Du einige grundlegende Dinge beachtest, kann nicht viel schief gehen.

Gutes Zeitmanagement: Du solltest pünktlich erscheinen und genügend Zeit für einen etwaigen Stau etc. einplanen. Wenn Du Dich dennoch verspätest, solltest Du die Nummer Deines/Deiner direkten Vorgesetzten parat haben, um Bescheid zu geben und Dich entschuldigen zu können.

An Dresscode halten: Je nach Branche und Firmenphilosophie gibt es unterschiedliche Ansichten über den passenden Kleidungsstil. Im Idealfall fragst Du bereits vor Deinem ersten
Arbeitstag, welcher Kleidungsstil erwünscht ist. In der Kreativbranche, wie beispielsweise einer Werbeagentur, ist der Kleidungsstil oftmals eher leger. Bankenangestellte müssen hingegen Seriosität ausstrahlen; Jeans und Shirt sind hier
fehl am Platz.

Fingerspitzengefühl zeigen: BerufseinsteigerInnen sind oft verunsichert, wie sie sich gegenüber ihren Kollegen verhalten sollen. Wichtig ist daher, die Antennen auszufahren und zu beobachten, welche informellen Regeln im Betrieb herrschen. Keinesfalls solltest Du zu Beginn zu forsch auftreten, sondern abwarten, beobachten und Dich konstruktiv und interessiert an Gesprächen beteiligen. Darüber hinaus sollten höfliche
Umgangsformen selbstverständlich sein.

Eine erste Bilanz ziehen: Spätestens nach einigen Wochen solltest Du herausgefunden haben, ob Dir die Arbeit Spaß machst, Dich nicht unter- oder überfordert und die Firmenphilosophie zu Dir passt. Bei kleineren Problemen solltest Du nicht zu früh aufgeben, sondern diese gezielt ansprechen. Kommst Du aber zum Entschluss, dass es doch nicht der richtige Job für Dich ist, musst Du Dich neu orientieren.

Weiterstudieren nach dem Bachelor – aber wo?

Universität

Die Universitäten legen den Schwerpunkt auf die Selbstständigkeit der Studierenden, angefangen bei der Zusammenstellung des Studienplans, über die Eigeninitiative während des Studiums bis hin zu wissenschaftlichen Forschungen und Problemlösungen. Bestimmte Studienrichtungen können nur an einer Universität studiert werden, wie beispielsweise Medizin oder Rechtswissenschaften. Auch an den Universitäten wurde der Großteil der Studienangebote auf Bachelor und Master umgestellt, somit beträgt die Regelstudienzeit für den Bachelor rund sechs Semester, für den Master zwischen zwei und vier Semester. Für die meisten Studiengänge in Österreich ist der Nachweis der Matura oder einer einschlägigen Studienberechtigungsprüfung für die Zulassung zu einem Studium nötig. Für einige Studiengänge mit großem Andrang sind zusätzlich Aufnahmeverfahren zu absolvieren, wie etwa bei Humanmedizin oder Psychologie.

Wer sich gerne näher über ein Studium an einer Universität informieren möchte, findet auf www.bmwf.gv.at nützliche Tipps.
Weitere hilfreiche Links zu den Studiengängen und Möglichkeiten nach der Matura:

Check: Ist eine UNI die richtige Wahl für mich?

  • Hast Du ein hohes Maß an Selbstorganisation oder willst Du diese erwerben?
  • Willst Du Deinen Stundenplan nach eigenen Vorstellungen gestalten?
  • Ist Dir fundiertes theoretisches Wissen genauso wichtig wie die Praxis?
  • Möchtest Du Dich keinem Auswahlverfahren stellen?*
  • Möchtest Du überwiegend von wissenschaftlichen Lektoren unterrichtet werden?
  • Willst Du verschiedene Studienrichtungen selbst kombinieren?

Solltest Du diese Fragen mit „Ja“ beantwortet haben, ist eine Uni womöglich Dein bevorzugter Hochschultyp.

Informationen gibt es unter:
www.studienwahl.at,
www.wegweiser.ac.at,
www.maturawasnun.at

* (Achtung: Bei manchen Studiengängen wie z.B. in den Wirtschaftswissenschaften gibt es mittlerweile ein  Aufnahmeverfahren, wenn die Zahl der BewerberInnen das
Kontingent übersteigt)

Fachhochschule

Die Fachhochschule ist eine Hochschulform, deren Schwerpunkt auf einer angewandten und praxisorientierten Ausbildung liegt. Die Studiengänge an Fachhochschulen sind meist spezialisierter als die an den Universitäten. Nach dem Abschluss eines Bachelor-Studiums bietet sich die Möglichkeit, ein darauf aufbauendes Master-Studium zu beginnen. Dieses dauert zwischen zwei und vier Semester und kann entweder an derselben Fachhochschule oder an einer anderen FH oder UNI – egal ob im In- oder Ausland – absolviert werden. Die meisten Bachelor- und Master-Studiengänge schließen mit dem Titel Bachelor of Science bzw. of Arts und Master of Science bzw. of Arts ab. Das mehrstufige Aufnahmeverfahren für einen Studienplatz besteht meist aus einer schriftlichen Bewerbung, einem schriftlichen Aufnahmetest und einem anschließenden mündlichen Bewerbungsgespräch. Die Bewerbungsfristen an den Fachhochschulen sind unterschiedlich, einige bieten mehrere Termine an, andere wiederum nur einen.

Für die Zulassung zum Master-Studium gilt:

  • Abgeschlossener facheinschlägiger FH-Bachelor-Studiengang oder
  • Abschluss eines gleichwertigen Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung (z.B. einer Uni)

Check: Ist eine FH die richtige Wahl für mich?

  • Bevorzugst Du die Arbeit an Praxisthemen in kleinen Gruppen?
  • Brauchst Du einen klaren Zeitrahmen und eine klare Struktur?
  • Willst Du einen hohen Anteil an Lehrenden aus der Wirtschaft?
  • Bevorzugst Du kleine Klassenzahlen und dadurch persönlicheren Kontakt mit KollegInnen und ProfessorInnen?
  • Möchtest Du Fachwissen und fundierte Sozial- und Methodenkompetenz vermittelt bekommen?
  • Willst Du Dich nicht mit überfüllten Hörsälen herumschlagen?

Solltest Du diese Fragen mit „Ja“ beantwortet haben, ist eine FH womöglich Dein bevorzugter Hochschultyp.

Informationen gibt es unter:
www.fachhochschulen.at,
www.fachhochschulen.ac.at,
www.bmwf.gv.at

Berufsbegleitend studieren?

Die Hälfte aller FHs bieten berufsbegleitende Studiengänge an. Die Lehrveranstaltungen für diese Studiengänge werden vorwiegend am Abend oder am Wochenende abgehalten und erleichtern den Studierenden mit vorgegebenen Studienplänen und dem strukturierten Aufbau die persönliche Organisation. An den österreichischen Universitäten werden, mit einigen wenigen Ausnahmen, noch keine berufsbegleitenden Studiengänge angeboten. Viele Lehrveranstaltungen werden allerdings schon am Morgen oder am Abend abgehalten. Weiters finden auch viele Blockveranstaltungen am Wochenende statt.

Derzeit ist integriertes Lernen oder „Blended Learning“, wie es auf Englisch heißt, angesagt. Manche Fachhochschulen haben diese Lernform eingerichtet, um berufsbegleitenden Studierenden entgegenzukommen. Dabei handelt es sich um eine Mischform aus Präsenzphasen und E-Learning. Der Vorteil liegt auf der Hand: Studierende können selbst entscheiden, wann und wo sie sich den neuen Stoff aneignen. Diese Mischform erfordert aber viel Selbstdisziplin und Ausdauer. Zudem können hin und wieder technisch bedingte Kommunikationsprobleme auftreten.

Duales Studium?

Dieser Trend der berufsbegleitenden Studiengänge hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Stetig wachsen die Angebote der dualen Studiengänge in Österreich. Dabei zeichnen sich duale Studiengänge durch die Mischung aus Theorie und Praxis aus und qualifizieren somit doppelt, denn das duale Studium verbindet Job und Studium. Man steht in einem Arbeitsverhältnis und bekommt die nötige praktische Ausbildung on the job, wobei man nebenbei noch ein Bachelor- oder Master Studium absolviert. Diese Art einer Ausbildung erfordert sehr viel Ausdauer und Verzicht auf Freizeit oder den einen oder anderen Feierabend. Learning by doing heißt das Motto. Die Beweggründe dahinter sind jedoch die guten Aufstiegschancen und die Sicherheit, bereits während der Ausbildung einen Job zu haben. Weiters zeugt ein duales Studium von einem hohen Engagement, was sich positiv auf Deine Karriere auswirken kann. Die Vorteile für die angehenden AkademikerInnen liegen auf der Hand. Neben einer fundierten Ausbildung ist die finanzielle Unabhängigkeit des/der Studierenden gesichert.

Merkmale Duales Studium

  • Kombi eines FH-Studiums mit regelmäßigen Praxisphasen und/oder
  • mit einer parallelen Berufstätigkeit (Teilzeit oder Vollzeit)
  • bietet das Sammeln von Berufserfahrung und eine Finanzierungsmöglichkeit des Studiums

Vorteile Duales Studium

  • Erwerb von berufspraktischen Erfahrungen während des Studiums
  • Verbindung von Theorie und Praxis
  • finanzielle Unabhängigkeit aufgrund des Einkommens
  • zielgerichtetes Studium, angepasst an Neigungen, Interessen und Talente
  • Erleichterung des Übergangs vom Studium ins Berufsleben

Auszeit – Here I am!

Studium in der Tasche und eine Auszeit gefällig?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Jahr Auszeit zu nehmen, bevor man in den Beruf einsteigt oder ein weiteres Studium beginnt. Viele nutzen diesen Abschnitt für ein längeres Praktikum im In- oder Ausland oder unternehmen eine Weltreise. In einem späteren Vorstellungsgespräch kannst Du damit sogar punkten. Allerdings solltest Du Deine Entscheidung für eine Auszeit gut erklären können.

Über folgende Fragen solltest Du Dir Gedanken
machen:

  • Warum hast Du Dir eine Auszeit genommen?
  • Was hast Du in dieser Zeit gemacht und was konntest Du daraus für Dich mitnehmen?
  • Was kannst Du davon für Erfahrungen in die ausgeschriebene Position einbringen?

Weitere Möglichkeiten für eine
Auszeit sind:

Freiwilliges Soziales Jahr, Freiwilliges Ökologisches Jahr

Eine Möglichkeit für ein „Gap Year“ bzw. Sabbatical könnte z.B. ein freiwilliges soziales Jahr oder freiwilliges ökologisches Jahr sein, um erste Erfahrungen im sozialen bzw. ökologischen Bereich zu sammeln. Für die Tätigkeit vor Ort erhalten die TeilnehmerInnen meist eine kostenlose Unterkunft und Verpflegung sowie ein monatliches Taschengeld. Das freiwillige soziale oder ökologische Jahr dauert ca. elf bis zwölf Monate und kann im In- oder Ausland absolviert werden.
Nähere Informationen rund um das Thema
gibt es auf: www.jugendservice.at, www.fsj.at und www.maturawasnun.at

Auslandserfahrung – Au-Pair?

Als Au-Pair hast Du die Möglichkeit , erste Auslandserfahrungen
zu sammeln. Du erweiterst Deinen Erfahrungshorizont, verbesserst Deine Sprachkenntnisse und lernst, mit Kindern  umzugehen. Das Prinzip dahinter ist, dass Du für Deine Arbeit eine freie Unterkunft, Verpflegung und Taschengeld bekommst. Dabei lebst Du mit Deiner Gastfamilie zusammen und bist für die Zeit Deines Aufenthaltes für die Kinderbetreuung und Tätigkeiten im Haushalt zuständig.

Die Voraussetzungen hierfür:

  • Du musst zwischen 18 und 30 Jahre alt sein,
  • nachgewiesene Erfahrung in der Kinderbetreuung haben und bereit sein, im Haushalt mitzuarbeiten.

Um Dich abzusichern, empfiehlt es sich, ein Au-Pair über eine offizielle Au-Pair-Agentur zu machen.

TIPP: Genaue Informationen zu einem Au-Pair und eine Auflistung von Au-Pair-Agenturen, die eine Vermittlung anbieten, findest
Du unter www.jugendservice.at (unter Themen / Auf und davon / Au-pair)

 

1 Quellen:
Die MACHER, Ausgabe 01_2015, S. 26 ff. http://www.zeit.de/campus/2015/s1/akademiker-umzug-berufseinstieg-flexibilitaet; http://www.salzburg.com/nachrichten/rubriken/bestestellen/karriere-nachrichten/sn/artikel/ein-masterstudium-lohnt-sich-142931/; http://kurier.at/karrieren/studikurier/die-master-frage/74.431.280; http://kurier.at/karrieren/berufsleben/neun-fehler-in-den-ersten-90-tagen/122.260.759; http://www.sueddeutsche.de/karriere/berufseinstieg-so-klappt-der-erste-tag-im-neuen-job-1.1778546; http://www.zeit.de/karriere/beruf/2011-07/erster-eindruck-job/seite-2
2 Quellen:
www.studieren.de/duales-studium-faq.0.html; www.studienwahl.at; www.fh-joanneum.at/aw/home/studieninfo/faq/~bftr/dual/?lan=de; http://www.studieren.at/duales-studium; http://www.zeit.de/campus/2016/s2/berufsbegleitendes-studium-job-master-zeitmanagement-berufserfahrung
3 Quelle:
www.maturawasnun.at; www.jugendservice.at; www.fsj.at; Download am 29.03.2016
4 Quelle:
https://www.jugendservice.at/au-pair/

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