Bewerbung: Michael Wicke im Sommerinterview

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Motivationsschreiben

Circa 6 Prozent aller österreichischen Akademiker sind arbeitslos – eine Quote, die sich sehen lassen kann. Doch woran scheitern die arbeitslosen 6 Prozent? Liegt es an den fachlichen Qualifikationen oder an der persönlichen Eignung? Möglich. Möglich ist aber auch eine nichtssagende Bewerbung. Wenn der erste Eindruck nicht stimmt, bleibt das Vorstellungsgespräch aus. Wie man es mühelos in die engere Auswahl schafft, weiß Michael Wicke, Marketingleiter des Lieferservice Mjam. Im Interview verrät die Führungskraft, wie man dem Personaler wirklich im Gedächtnis bleibt.

Tipps für die Einleitung:

>absolventen.at: Was macht einen guten Lebenslauf aus?

Wicke: Die Burschenschaft, der Freitagabendchor oder der Nebenjob im Fast-Food-Restaurant – Freizeitaktivitäten und Nebenjobs können zwar eine besondere persönliche Bedeutung haben, den zukünftigen Arbeitgeber interessieren sie jedoch kaum. Wichtig ist nur, was den Posten betrifft. Wer sich als Online-Redakteur bewirbt, kann mit Zeitungspraktika und freiberuflichen journalistischen Tätigkeiten punkten. Die Mitgliedschaft beim Reitverein hingegen hat hier im Lebenslauf nichts zu suchen. Dasselbe lässt sich von Hobbys behaupten. Mit Bedacht gewählt, können Freizeitaktivitäten unsere Charakterstärken betonen. Ehrenamtliches Engagement zum Beispiel strahlt Menschlichkeit, Rücksichtnahme und Einsatzbereitschaft aus, positive Eigenschaften, die im Berufsleben mehr als willkommen sind. Eigenwillige Leidenschaften wie etwa Gaming können jedoch das genaue Gegenteil bewirken. Wer gerne spielt, wird schnell in die Schublade „träge, introvertiert, sonderbar“ gesteckt. Im Zweifelsfall sollte daher das eine oder andere ausgefallene Hobby aus dem Lebenslauf verbannt werden – sicher ist sicher.

>absolventen.at: Gibt es Unterschiede zwischen Studenten und Berufserfahrenen?

Wicke: Der größte Unterschied liegt selbstverständlich in der Praxis. Studenten können ihre Vita meist mit deutlich weniger Berufserfahrung und somit Arbeitsreferenzen füllen. Dieses Defizit lässt sich aber mit Studienprojekten, Unternehmensplanspielen und Werkstätigkeiten ausgleichen. Wer schon Berufserfahrung sammeln konnte, soll sich dieses Privileg aber unbedingt zunutze machen. Vom Arbeitgeber über den Einsatzbereich bis hin zu besonderen Verdiensten – mit Berufspraxis darf nicht gegeizt werden.

Tipps für das Anschreiben:

>absolventen.at: Ein Anschreiben – brauche ich das überhaupt? Das ergibt sich doch alles aus dem Lebenslauf!

Wicke: Das Anschreiben wird gerne unterschätzt. Dabei entscheidet es nicht selten über „Geeignet“ oder „Nicht geeignet“. Schließlich ist das Schriftstück die einzige direkte Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitssuchendem. Sympathie, Eignung, Originalität – diese Zeilen sind die perfekte Gelegenheit, sich von seinen Mitbewerbern abzuheben.

>absolventen.at: Was gehört in das Anschreiben?

Wicke: Eine Seite, zwei Seiten, fünf Seiten – während meiner Zeit bei Mjam habe ich unzählige Anschreiben bekommen. Eines habe ich dabei gelernt: In der Kürze liegt die Würze. Personaler wollen Prägnanz statt Informationsüberflutung. Bestenfalls umfasst das Dokument eine Seite. Alles, was darüber hinausgeht, überfordert den Leser.

Tipps für die Anlage:

>absolventen.at: Beglaubigung oder einfache Kopie – was überzeugt?

Wicke: Bei Mjam beispielsweise reichen einfache Kopien. Eine beglaubigte Version wird normalerweise nur bei fremdsprachlichen Dokumenten wie etwa bei Zeugnissen über Auslandsaufenthalte fällig.

Tipps für den nächsten Schritt:

>absolventen.at: Darf ich bei einer Absage den Grund erfahren?

Wicke: Das Einzige, das einer ausführlichen Begründung im Weg stehen könnte, ist das sogenannte Gleichbehandlungsgesetz. Einen Versuch ist es aber wert. Schließlich kann das Feedback über den weiteren Bewerbungsprozess entscheiden. Fehler werden vermieden und Stärken noch besser in Szene gesetzt. Das gilt sowohl für die Bewerbungsunterlagen als auch für das Vorstellungsgespräch.

>absolventen.at: Was möchten Sie Studenten noch mit auf den Weg geben?

Wicke: Mein Geheimrezept für eine erfolgreiche Bewerbung: Ehrlichkeit. Sich vor dem potenziellen Arbeitgeber zu verstellen, kann einem zwar die gewünschte Position verschaffen, rächt sich aber irgendwann. Das reicht von der Überforderung im Job bis hin zur fristlosen Kündigung wegen versuchter Täuschung. Wer sich im Beruf entfalten will, soll sich selbst treu bleiben. Es lohnt sich.

Eine Bewerbung ist mehr als ein Dokument. Sie entscheidet über den beruflichen Werdegang. Zeit und Arbeit sind daher das Mindeste, das wir in unsere Zukunft investieren können. Und wo wir selbst an unsere Grenzen stoßen, können andere helfen. Vier Augen sehen schließlich mehr als zwei.

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